Zwar geisterte die Idee zu dieser Tour schon lange in meinem Kopf herum, der Entschluss zum Aufbruch fiel aber spontan. Endlich hatte ein Spätsommerhochdruckgebiet Erbarmen mit uns und bescherte der Schweiz prächtiges und stabiles Wetter. Ich war von einer intensiven Arbeitswoche und ein paar Velofahrten nach Zug ein bisschen müde und brauchte am Samstagmorgen zuerst einen gemütlichen Start inklusive Morgenessen. Alicia lag noch in Morpheus' Armen, als ich sie - zugegeben mit wenig Hoffnung auf Erfolg - weckte und fragte, ob sie für eine Pilatustour zu haben sei. Die Aussicht auf die Anfahrt per Velo und einen spannenden und verborgenen Pilatusweg motivierten sie tatsächlich! Ihr war nämlich ein Puma-Turnschuhverkaufs-Event abgesagt worden, sodass ihr meine Weckaktion gerade recht war. Felice entschied sich wegen eines schmerzenden Fusses fürs Zuhausebleiben und Gartengeniessen. 

Es war mit diesem Prolog bereits zehn Uhr geworden, als wir parat waren und uns in die Sättel schwangen. Ich durfte Felices nigelnagelneues E-Bike benützen. Das Angebot nahm ich gerne an. Es wären sonst 2000 strenge Höhenmeter geworden - mit Batterieunterstützung fielen aber diejenigen auf dem Velo kaum ins Gewicht (und flossen übrigens auch nicht in die Statistik der Tour ein). Über Horw und Hergiswil ging's zum Brunni. Dort musste der fahrbare Veloweg bis in die Fräkmünt mit zwei Irrfahrten zusammengesucht werden. Diese Umwege waren der mangelnden Vorbereitung am Morgen geschuldet. Die Göppel stellten wir schliesslich an der Talstation der Rodelbahn ab und beschlossen, das «Fräki-Gaudi» nach der Tour zu benützen. Mit dieser Aussicht auf einen spassigen Tourenabschluss war MjusMjus nun endgültig motiviert. 

Über Alp Gschwänd fanden wir den Einstieg in den Steinbockhüttenweg. Kaum hatten wir den markierten Weg verlassen, ging es gleich richtig los. Steil, teilweise feucht, kettengesichert und sehr interessant vollzog sich dieser erste Teil des Wegs. Bald waren Tief- und Ausblicke zum Vierwaldstättersee runter prächtig. Dieser Hängifeldweg ist top! Nach einer Mittagspause und der Steinbockhütte folgte die Querung des Hängifelds. Gut ist Alicia eine derart sichere Gängerin. Das unmarkierte Pfadlein kann kaum verpasst werden, weil es offenbar immer wieder  Begeher hat und die Spuren deutlich sind. Kurz vor dem Erreichen des Ostgrates passiert man oberhalb des Sulzgrabens die eindrücklichste Stelle: wir wanderten kaum 40cm neben dem bodenlosen Abgrund. 

Ostgrat und Rosegg stellten nach dem Hängifeld kein Problem mehr dar. Schliesslich waren ich und Alicia erst im Spätherbst 2020 bzw. im Frühling 2021 hier hochgestiegen. Noch wartete aber das T6-Stück der Tour: die Esel-Ostwand. Endlich wollte ich einmal direkt auf diesem Weg zum Esel hoch. Gehört und gelesen hatte ich schon genug davon. Und siehe da: es fand sich ein eleganter, gut machbarer und spannender Weg durch dieses Wiesentritt- Couloir- und Felslabyrinth. Landen tut man direkt beim Touristen-Hotspot Esel, wo einem ein paar verdutzte Turnschutechniker ungläubig beim Hochkraxeln zuschauen. Da prallten zwei Welten aufeinander!

Bei all diesem Volk hielt es uns nicht lange oben auf dem Esel. Wir traten sofort die Talfahrt zur Fräkmüntegg an und wollten erst dort unten unser verdientes Most geniessen. Das taten wir beim Start der Rodelbahn, bevor wir nach 30-minütgem Anstehen auch noch dieses - für eine Bergtour durchaus ungewöhnliche Transportmittel - benützt hatten. Nun fehlte noch die Velofahrt nach Hause. Wir wählten die Abfahrt über Mülimäss und Krienseregg, konnten aber auch mit dieser kürzeren Strecke nicht verhindern, dass unseren E-Bikes im Würzenbach der Batteriestrom ausging. So mussten wir die Schädrüti hoch doch noch richtig in die Pedalen treten und federten deshalb schweissüberströmt zu Hause ein.