Da während der Nacht in unserem Dreierzimmer das eine oder andere Sägegeräusch zu konstatieren war, fiel das Aufstehen niemandem besonders schwer. Die Euphorie kriegte aber sofort einen Dämpfer, musste doch beim Blick aus dem Fenster festgestellt werden, dass der klare Nachthimmel erneut einer Hochnebeldecke Platz gemacht hatte. Deshalb wurde während des Morgenessens nicht viel geredet und die üblichen Pack- und Startprozeduren entwickelten sich fast wortlos. Um halb acht waren wir startklar und begaben uns raus an die klirrende Kälte. Auch während der folgenden Stunde wurde nicht viel geredet, zu sehr schien uns der Nebel den Spass zu verderben. Aber nach der Einlaufstrecke durch das flache Maurertal zeigte sich gegen neun Uhr ein Lichtblick. Nein, nicht nur einer: das Sonnenlicht begann den Nebel zu verdrängen und machte einer gigantischen Szenerie Platz. Auf fast 2800 Metern lag heute die graue Schicht, darüber war es aber wolkenlos blau! Und das begannen wir nun zu geniessen, zumal ja unser Ziel auf über 3300 Metern lag. Als erste einer grossen Schar Tourengänger, die heute zum Geiger pilgerten, zogen wir unsere Spuren über den Gletscher Richtung Skidepot. Der steile Gipfelgang war mir beim Hinterherlaufen nicht geheuer, weshalb ich den spurenden Dani davon überzeugte, dass dieser Hang ein unnötiges Risiko sei. Wir wählten stattdessen den normalen Weg zu Fuss und per Steigeisen über den Grat, was auch ganz interessant war. Den Gipfel hatten wir ganz allein für uns. Und nun wurde gegeigt, was der Konzertsaal Alpen hergab! Übermütig funktionierten wir unsere Eispickel zu improvisierten Geigen und Bögen um und gaben ein Kammerkonzert als Trio Tauern. Die drei kleinen Geiger huldigten dem grossen und seinem gewaltigen Symphonieorchester, bestehend aus dem Gipfelmeer der Ostalpen. Der nahe Grossvenediger grüsste ebenson herüber wie der Grossglockner, auf dem wir gegen Ende der Woche auch noch ein Konzert geben wollten. Auf dem Fussabstieg zum Skidepot kreuzten wir nun etliche weitere Gipfelstürmer, die später fast alle zur Johannishütte auf der gleichen Seite des Grossen Geigers hinunterfuhren. Für den Abstieg auf die Nordseite zur Kürsinger Hütte entschieden sich nur wir drei. Dabei war das mehr als eine geigerische Zugabe, es war das Herzstück der heutigen "Komposition". Zuerst galt es auf der Nordseite ein Stück abzuseilen und abzuklettern. Weil unser Gletscherseil nicht gerade die idealen Länge aufwies (lies: zu kurz war), ergaben sich drei Seillängen, wobei die mittlere einen Bonatti-Quergang aufwies, den Dani souverän meisterte. Unten angekommen seilten wir uns los und stiegen auf die Ski um. Und nun wurde unser Abfahrtskonzert so richtig musikalisch! Zwar war der Beginn noch etwas vorsichtig und verhalten (Windgangeln), sollte sich aber mit der Fortdauer zu einem Fortissimo steigern! Eine schwierige Stelle hielt das Stück aber noch bereit. Und zwar erneut in Form der Nebeldecke, die uns die Sicht bis an den Geigerfuss versperrte. Da noch keine alten Spuren auf dieser Seite des Berges auszumachen waren, mussten wir uns an die Skitourenkarte halten und nach unten tasten. Endlich gab es auch noch eine Pause in diesem langen Konzert, wohlverstanden bevor wir die Nebeldecke durchstossen mussten. Mehr und mehr gab aber die Wetterentwicklung zur Hoffnung Anlass, dass der Nebel noch ganz weichen würde und wir so die Sonne bis hinüber zur Kürsinger Hütte geniessen konnten. Und ob das gelang! Zusammen mit unserem Tieferkommen wich der Nebel, und die wundervollen Hänge konnten tirilierend und vibrierend genossen werden. Tolle Bilder gab das! Die Zugabe in Form des Gegenanstiegs zur Hütte war nach dem Verebben des Abfahrtsapplauses nun ein Leichtes. Diese Meter bzw. die Stunde Aufstieg gingen flott von statten und wir standen schon bald auf der herrlichen Terrasse der Kürsinger Hütte. Erstaunt stellten wir fest, dass hier oben nicht viel los war. Dabei steht das Haus an einem fantastischen Platz, direkt gegenüber vom Grossen Geiger und Grossvenediger. Die paar Weizenbier schmeckten hier ausserordentlich und mit den ebenfalls anwesenden Ungaren wurde trefflich rumgealbert. Kuno betätigte sich als fleissiger Schneeschaufler, wobei ihm die Dachlawine beständig neue Arbeit bescherte. Das Nachtessen war ausgezeichnet und sehr tirolerisch, was wir nach diesem ausserordentlich schönen Tourentag zu schätzen wussten. Oder in den Worten der Tageszusammenfassung von Dani: So geht Tourenwoche! |
Id | 2635 |
---|---|
Datum | 14.03.2016 |
Tour | Grosser Geiger |
Ziel_erreicht | Ja |
Route | Essener und Rostocker Hütte - Maurer Kees - Grosser Geiger über Westgrat - Obersulzbachkees - Kürsingerhütte |
Gipfel | Grosser Geiger 3360m |
Begleiter | Dani, Kuno |
Gebiet | Hohe Tauern Osttirol |
Tourentyp | Skitour |
HM_rauf | 1743 |
HM_runter | 1391 |
Distanz_KM | 18.70 |
Verhaeltnisse | Sehr gute V. Relativ wenig Schnee im Aufstieg, Pulver in der Abfahrt. Nebelmeer auf 2600m ! |
Huetten | Essener und Rostocker Hütte 2208m; Kürsinger Hütte 2558m |
Featured_Foto | P3140225.JPG |
Tourenideen | Diverse Touren rund um die beiden Hütten ERH und Kürsinger. |
Aufstiegszeit | 04:45:00 |
Abstiegszeit | 02:45:00 |
Schwierigkeit | S |
Wetter | schön - wolkenlos |
Material | Skihochtour mit Seil, Eismaterial |
Relive_URL |