Im Gegensatz zum Toggenburg und dem Gardasee haben wir auf Rugghubel sehr ruhig (aber trotzdem nicht unterbruchsfrei) geschlafen. Ein herrlicher und wolkenloser Himmel erwartete uns nach einer Sternschnuppennacht. Dank der Tatsache, dass ab Rugghubel nicht die grossen Hochtouren gemacht werden, ging es erst um sieben Uhr mit Aufstehen, Frühstück etc. los. Statt der üblichen Unruhe eines Hüttenmorgens gingen wir es ruhig und gelassen an. Wir wollten heute die beiden Gipfel Wissigstock und Engelberger Rotstock besuchen. Auf beide führt im Sommer ein blau-weiss markierter Weg, wobei der Wissigstock von mir auch schon etliche Male im Winter Besuch erhielt. Der letzte Besuch des Engelbergers liegt allerdings 45 Jahre zurück: Dort oben war ich als fünfzehnjähriger im Jahre 1976 letztmals!

Mit einem guten Frühstück im Bauch ging's um acht Uhr los. Wir besuchten zuerst den Wissigstock. Nur einer war heute eher auf dem Gipfel als wir: ein prächtiger Steinbock. Er grüsste von oben kurz nachdem wir die Engelberger Lücke erreicht hatten. Welch prächtiger und majestätischer Anblick!

Der Bock war aber bei unserer Ankunft auf dem Gipfel nirgends mehr zu finden. Er hatte sich wohl in die steilen Flühe und den Windschatten zurückgezogen, wo er ein Reich für sich und ohne störende Wanderer hat. Dank der relativen Kürze der heutigen Tour konnten wir lange auf dem Gipfel verweilen, dröhnelen, thaichillen und knabbern. Niemand wagte unsere Zweisamkeit zu stören.

Noch lag aber ein zweiter Gipfel und ein längerer Abstieg auf die Bannalp vor uns. Wir gingen also zurück auf die Engelberger Lücke und folgten dann dem steilen Weg auf den Rotstock. Dieser ist etwas anspruchsvoller als jener auf den Wissig. Aber für uns war er trotzdem gut zu begehen. Schliesslich gingen wir nicht mit Turnschuhen zu Werke wie zwei Touristen aus dem Ostgotenland, welche im Abstieg alles andere als einen sicheren Eindruck hinterliessen.

Auch der Engelberger Rotstock bietet eine sehr schöne Fernsicht bis in den heimischen Garten in Adligenswil. Beide heutigen Gipfel sind Teil des Panoramas unseres Gartensitzplatzes, was den Reiz der heutigen Tour zusätzlich erhöhte. Ebenso reizvoll wie die beiden Gipfel war der Abstieg übers Rotgrätli. Wir verliessen den offiziellen Weg kurz oberhalb der Engelberger Lücke und folgten einem Pfadlein, das entlang der Gesteinsgrenze Kalk / helvetische Decke führt. Nur hier lässt sich die Flanke des Stocks einigermassen sicher durchqueren, was aber einen ganz besonderen Reiz auf Felice und mich ausübte. Wir genossen dieses Wegstück fast am meisten.

Der Abstieg vom Rotgrätli ist schnell erzählt: über etliche noch vorhandene Schneefelder ging es über die Schonegg zur Chrüzhütte, wo wir gerade noch diejenige Bahn erwischten, welche einen stressfreien Umstieg aufs Postauto erlaubte. Allerdings verpassten wir jenes trotzdem: Ich hatte meine Wanderstöcke in der Bergstation stehen gelassen. Das zwang uns, aufs nächste Postauto in einer Stunde zu warten, damit die Stöcke rekuperiert werden konnten. Der Ärger über die Wartezeit wurde durch das Hoflädeli an der Talstation tempiert, welches kühle Getränke und Gelati anbot.

Die 40° Celsius im Postauto waren dann von der Sorte mühsam. Zum Glück ist die Fahrt bis Wolfenschiessen nur kurz. Aber so heiss wie in diesem Wagen war es nicht einmal in Afrika. Einzige Lösung: Sprung in den kühlen Vierwaldstättersee in Luzern. Wir trafen am Churchill-Quai Aurelio, welcher mich mit Badehosen ausrüstete und mithalf, einen schönen Abschluss des zweitägigen Touren-Weekends zu begehen.