Drei Nächte inklusive guter Nachtessen und spätabendlicher Spa Besuche hatten Alicia und ich in Pontresina verbracht, als wir nach Zernez übersiedeln «mussten», weil im Allegra kein Zimmer mehr frei war. Nach Zernez ins Hotel Spöl wollten wir im Anschluss sowieso, weshalb diese Option ebenso gut war wie in Pontresina zu bleiben. Noch immer war es aus wetter- und lawinentechnischen Gründen nicht einfach, gute und vor allem ungefährliche Tourenziele zu finden. Auf Langlauf hatte MjusMjus keine Lust und ich nicht auf spazieren. Blieb also die Option Skitour. Auf der Strecke nach Zernez lag La Punt als Ausgangspunkt ideal. Ob bei Wind und Wetter eine Tour gut werden würde, war eine andere Frage. Aber frisch gewagt ist halb gewonnen - wobei es heute leider beim «gewagt» bleiben sollte. 

Als wir ohne grosse Eile gefrühstückt, gepackt und checked-out hatten, luden wir eine Viertelstunde später in La Punkt die Ski wieder aus dem Auto aus und begannen beim Skilift La Punt unseren Aufstieg. Warme Temperaturen und Neuschnee aus der letzten Nacht liessen den Untergrund bald klebrig werden. Weil der Skilift gerade eine längere Panne hatte, konnten wir dafür unbehelligt über die Piste hochsteigen. Es folgten ein langes Waldstück und immer offenere Hänge. Erst als wir die letzten Bäumchen hinter uns gelassen hatten, stellte ich mit Schrecken fest, dass ich mein LVS im Auto liegen gelassen hatte. Gruppen-Checks vor Abmarsch wären halt doch eine gute Sache! Und weil jetzt gerade die etwas steileren Hänge folgten, die zudem windbearbeitet waren, musste ich Alicia vorschlagen umzukehren. Heute und bei "erheblich" war eine Tour ohne LVS nicht zu verantworten. 

Nicht einmal sehr unglücklich über dieses Malheur fuhren wir alsbald wieder runter, wo wir hochgekommen waren. Dass die Schneedecke alles andere als stabil war, merkten wir an Setzgeräuschen, auch in flacheren Hangpartien. Wir mussten uns immerhin nicht lange durch komische Schneemassen pflügen und waren bald wieder beim Auto. Zu meiner eigenen Strafe beschloss ich, die Strecke bis Zernez mit den Langlaufski zurückzulegen. Das wäre unter normalen Umständen ein Vergnügen und keine Strafe gewesen. Aber bei den herrschenden klebrigen Verhältnissen lief es nicht einmal bergabwärts richtig. Die Strecke musste richtiggehend erkämpft werden! Derweil Alicia das Auto sicher nach Zernez brachte und ihren äusserst spannenden Roman "Never" von Ken Follett fertig lesen konnte.