Grossvenediger (fast oben)

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Aufstieg Gross Venediger (Hohe Tauern, AUT), kurz bevor die Sicht auf den Gipfel nicht mehr möglich war.

Mit dem Grossvenediger war nominell ein erster Höhepunkt der Woche geplant. Leider sollte es beim 'nominell' bleiben, denn der Berg beziehungsweise das Wetter, das an ihm herrschte, meinte es nicht gut mit uns. Doch schön der Reihe nach. 

Beim Studium des Wetterberichtes am Samstagabend auf der Essener Hütte war der Durchgang einer Kaltfront aus Nordosten am Dienstag zu erkennen. Der Wetterbericht stammte von der Internet-Quelle Meteoblue.com. Darauf war sehr schön zu sehen, zu welcher Uhrzeit Bewölkung und Niederschlag einsetzen würden. Da ich mit dieser Quelle noch nicht vertraut war, rechnete ich mit der üblichen Prognoseungenauigkeit und insistierte leider zu wenig heftig bei Kuno und Dani bei unserer üblichen Diskussion über den Tourenstartzeitpunkt. Man hätte nämlich gut erkennen können, dass ein sehr früher Start das Durchkommen über den Berg ermöglicht hätte. Sehr früh hätte in unserem Falle geheissen: 5 Uhr Abmarsch. 

Wir aber starteten erst um 7 Uhr. Und genau diese zwei Stunden sollten uns für einen Gipfelerfolg am Ende fehlen! Beim Start sah es zunächst noch gut aus. Nur ein milchiger Schleier hatte sich am Himmel gebildet und die Gipfel waren alle noch sichtbar. Höchstens die Schneefahnen an den Graten verrieten, dass da ein anderes Wetter im Anmarsch war. Man zog los und handelte sich leider sehr bald eine weitere halbe Stunde Zeitverlust ein: Der Sommerweg von der Kürsinger Hütte auf den Obersulzbachkees (Gletscher) würde es erlauben, diesen ohne Höhenverlust zu erreichen. Wir folgten Spuren einer Gruppe von Ostdeutschen, die vor uns gestartet waren. Plötzlich kamen uns diese wieder entgegen und berichteten, es gehe weiter vorne nicht weiter (Gräben mit Lawinengefahr). Also kehrten auch wir um und fuhren 250 Höhenmeter ab. 

Nun waren wir auf der Originalskiroute. Alsbald mussten wir feststellen, dass die Gipfel - allen voran der Grossvenediger - sich nun einzuhüllen begannen. Und diese Wolkenschicht kam tiefer und tiefer. Auf der Venedigerscharte hatte sie auch uns eingehüllt und wir beschlossen, statt Richtung Gipfel sofort Richtung Hohes Aderl zu fellen, wo die Abfahrt zur Johannishütte startet. Sehen konnte man mittlerweile nichts mehr und der Nordwind hatte eine unangenehme Sturmstärke erreicht. Wir setzten unseren Weg einzig mit der Hoffnung fort, dass sich der Nebel auf der anderen Seite des Berges nicht so dicht zeigen würde und wir im Notfall unseren GPS-Track zurückverfolgen konnten. Am Hohen Aderl langten wir zwar an, aber weder Sturm noch Nebel zeigten Erbarmen. Und weil hier einige offene Gletscherspalten auf Karte und Gelände zu konstatieren waren (wir gingen längst angeseilt), reifte der Umkehrentscheid. Mit absolut null Sicht, giftig kaltem Sturmwind und einzig auf die GPS-Uhr vertrauend, tastete sich Dani, als Seilschaftsführer gehend, wieder rüber zur Venedigerscharte und weiter den Gletscher runter. In Stemmbogen bzw. Schritttempo ging es Meter um Meter tiefer. Mein lädiertes Knie und die Aussicht auf eine ÖV-Odyssee um den Grossvenediger herum trübten die Stimmung zusätzlich. Das Ganze war nicht ungefährlich, weil die heimtückischen Spalten jeweils erst im letzten Moment schemenhaft sichtbar wurden und es innert kurzer Zeit eine ganze Ladung Neuschnee gegeben hatte. 

Erst auf Höhe der Kürsinger Hütte, also etwa auf 2400 Metern und dort wo der Gletscher endet, sah man wieder halbwegs etwas. Jetzt seilten wir los und konnten zügiger abfahren. Diese ganze Sturmübung hatte uns fünf Stunden gekostet, notabene ohne irgendwo anzuhalten oder etwas zu essen. Immerhin boten sich nun keine weiteren Orientierungsschwierigkeiten mehr. Rasten und essen holten wir im Schutz der Transportseilbahntalstation nach, wo es schön trocken war. Mit Hilfe der Landkarte wollten wir feststellen, wie lange das Tal war, das wir nun hinausfahren mussten, und wo es endete. Beides konnten wir nicht genau eruieren, weil die Karte nicht so weit reichte wie das Tal lang war. Wir erkannten aber, dass es endlos sein würde! Mit unseren schweren Rucksäcken stöckelten wir uns durch die vielen flachen Talböden. Vom Hüttenwart wussten wir, dass der Aufstieg durch dieses Tal zur Kürsinger Hütte sieben Stunden dauerte. Nicht ganz so lang, aber lang genug, war die 'Abfahrt'. 

Das Glück kehrte aber auch am heutigen Tag zu uns zurück: der Wirt von der Pension 'Postalm' fuhr in seinem Motorschlitten zu Tal. Weil wir kurz vorher mit ihm geredet hatten, hielt er sein Gefährt neben mir an und bot an, Rucksäcke zu übernehmen und uns weiter unten sogar in seinem Auto bis nach Mittersill mitzunehmen. So ein Angebot konnten wir natürlich nicht ausschlagen! Unser Glück konnten wir kaum in Worte fassen. Dass die Busstation in Mittersill unglaublich gut versteckt war, ärgerte nur unsere beiden 'Retter'. Wir aber waren nur froh, so einfach und bequem hierher gekommen zu sein. 

Im Restaurant Post zu Mittersill ruhten wir uns nun gründlich aus. Weil der Express-Bus nach Matrei erst in anderthalb Stunden fahren würde, gab es nebst grossem Weissbier auch einen schönen Hamburger zu schnabulieren. Kuno zog los, seinen Tourenproviant zu ergänzen, derweil ich mit Felice kabelte und die späte Ankunft im Lucknerhaus avisierte. Unser Auto stand zuhinterst im Virgental, was ein nochmaliges Umsteigen auf einen anderen Bus in Matrei nötig machte. Der Anschluss passte aber perfekt, sodass wir ohne Verzögerung bis nach Hinterbichl gelangten. Und nochmals hatten wir Glück, denn auf Nachfrage hin anerbot sich der Postautochauffeur, mich noch die 3 km bis zum Parkplatz Ströden in seinem Privatauto zu transportieren. Über die € 5.- für sein Feierabendbier freute er sich. Es war mittlerweile 19 Uhr geworden, aber für diese 'grosse Venedigerumfahrung' war das eigentlich nicht spät. Um viertel vor acht langten wir via Kals im Lucknerhaus an, wo wir nach diesem langen und denkwürdigen Tag noch ein ganzes schönes Grossvenedigermenü aufgetischt bekamen. 

Id2636
Datum15.03.2016
TourGrossvenediger (fast oben)
Ziel_erreichtNein
RouteKürsinger Hütte - Obersulzbachkees - Venedigerscharte - Hohes Aderl - Venedigerscharte - Obersulzbachkees - Obersulzbachtal - Postalm - Hopffeldböden - Siggen
GipfelGrossvenediger 3660m
BegleiterDani, Kuno
GebietHohe Tauern Osttirol
TourentypSkitour
HM_rauf1387
HM_runter2949
Distanz_KM32.10
VerhaeltnisseAnfangs nur hohe Wolken, rasche Wetterverschlechterung. Sturm, Nebel, Schneefall ab Venedigerscharte. Umkehr und mit GPS Track back.
HuettenKürsinger Hütte 2558m; Lucknerhaus 1920m
Featured_FotoSAM_0439.JPG
TourenideenKeeskogel, Schlieferspitze
Aufstiegszeit04:20:00
Abstiegszeit04:00:00
SchwierigkeitWS
WetterSchneefall
MaterialSkihochtour mit Seil, Eismaterial
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