77km beträgt die Luftliniendistanz zwischen Adligenswil und Broglio im oberen Maggiatal, TI. Will man diese Strecke per öV zurücklegen und muss dabei wegen des geschlossenen Basistunnels die Gotthard Bergstrecke benützen, dauert die Reise über 4.5 Stunden. Wir wählten die öV Anreise, weil wir eine Mehrtageswanderung vorhatten und ins Verzascatal absteigen wollten. Zudem entschlossen wir uns zu einem frühen Start um 6 Uhr. Das war nebst einer Verbindung um 10 Uhr die einzig vernünftige Transportmöglichkeit. Sie hatte aber den Vorteil, dass wir am frühen Nachmittag auf Tomeo eintreffen würden um dort Zeit mit Maria und Silvano verbringen konnten, die in dieser Woche die Capanna Tomeo bewarteten. Die Reisezeit verging mit Sonntagszeitunglesen, Kaffeegenuss in Bellinzona und ein paar Umsteigeaktionen rasch. Wanderklar waren wir in Broglio kurz vor 11 Uhr und nahmen den schönen, uns bereits von 2018 her bekannten Hüttenweg unter die Wanderschuhe. Damals hatten wir im Anschluss an den Hüttentag die Via Alta Vallemaggia (VAM) bewandert. Dieses Jahr hatten wir vor, die Verbindung zur Via Alta Verzasca (VAV) zu machen: den Übergang in die Baronehütte, wo die VAV startet bzw. endet, je nach Laufrichtung. 

Beeilung war auf dem Hüttenweg nicht von Nöten. Deshalb konnten wir ein paar Kastanien sammeln, die wir auf Tomeo  beabsichtigten zu kochen. Pausen legten wir auch ab und zu ein, schliesslich zeigte sich das Wetter von seiner besten und herbstlich warmen Seite. Nach einem Zwetschgenkuchen mit Gazosa auf der prächtig gelegenen Hüttenterrasse wagten sich Maria, Felicitas und ich in den eiskalten Tomeo-See. Dank warmer Sonne und herrlich smaragdgrünen Wassers überwanden wir Kältestarre und schwammen eine kurze Runde. Wir überlebten es knapp...

Nun war Zeit für Hüttengemütlichkeit, Gespräche und Räubergeschichten. Während Maria in der Küche zauberte, assistierte ich Silvano in der kleinen alten Hütte beim Polentakochen. Ohne Flüssignahrung ging das natürlich nicht, sodass auch diese Stunden rasch verflossen. Das Nachtessen war wie immer auf Tomeo von exquisiter gastronomischer Qualität. Vor dem Dessert wurde eine «La Montanara» zum Besten gegeben, die von den umliegenden Felswänden widerhallte. Wir waren somit endgültig in Bel-Ticino angekommen.