Die Diskussionen um das Tourenwochenziel 2017 intensivierten sich gut zwei Wochen vor dem Starttermin. Zwar war die Mannschaft schon seit längerer Zeit bekannt und motiviert, aber unser eigentlich anvisiertes Ziel, die Dolomiten des Grödner und Pordoitales, hatten in diesem Winter noch weniger Schnee gekriegt als die Alpennordseite. Beim Blick auf die Webcams rund um Canazei, unserem geplanten Wochenstützpunkt, offenbarte sich viel Herbstbraun und Sonnenschein, aber fast kein Schnee. Diesen hatten die Südtiroler zudem noch für die Skipisten reserviert, sodass sich eine herbstliche Landschaft mit weissen Bändern präsentierte. Wir waren uns alle einig, dass Skitouren unter diesen Umständen keinen Spass machten und die mehr als fünfstündige Anreise nicht rechtfertigten. Es mussten Alternativen diskutiert werden. Mein Blick auf die SLF Schneekarte signalisierte eine im Vergeich zu anderen Jahren normale Schneelage im Unterwallis. Schnell waren die Tourenfreunde vom Zielgebiet "Trient" überzeugt und auch die Unterkunftssuche war keine Hexerei. Ich fand ein schönes Guesthouse (B&B) in Vallorcine, welches gleich hinter der Schweizer Grenze am Col de la Forclaz liegt. Erstmals seit sieben Jahren verzichteten wir auf eine Tour am Anreisetag. Das war wetterbedingt, denn dieser Sonntag bot nur Nebel und Regen. In aller Gemütlichkeit verbrachten wir also den Sonntagmorgen bei unseren Familien und fuhren erst um 13 Uhr los. Heuer sollten wir zu sechst sein: die Brüder Kuno und Didi, dann Dani, Minu, Jörg Schumpf und der Schreibende. Da diese sechs nur mit zwei Autos transportiert werden konnten, traf man sich erstmals auf der Raststätte im Greyerzerland. Etwa um halb sechs trudelten wir dann im wunderbar gelegenen Guesthouse Chamonix von Vallorcine, geführt von Helen und Steve ein. Der Empfang war herzlich und die Unterkunft gefiel auf Anhieb allen ausgezeichnet. Unsere drei Doppelzimmer waren schnell bezogen, nur Didi schien ein Problem zu plagen: Er hatte seine Reisetasche in seinem in Sursee parkierten Auto vergessen! Einige wichtige Tourenutensilien machten es notwendig, dass diese Tasche so schnell wie möglich nach Vallorcine transportieren werden musste. Mit Hilfe von Suse sollte das gelingen. Der erste Plan war, sich in der Mitte der Strecke Vallorcine-Sursee bei einer Autobahnausfahrt zu treffen. Ich steuerte die Idee bei, die Tasche in Sursee einem Kondukteur des Schnellzuges zu übergeben, der via Lausanne nach Genf fuhr. So musste Suse gar nicht fahren und Didi (mit Kuno als Begleiter) "nur" bis Lausanne. Das wurde organisiert und klappte in der Folge tatsächlich. Es bot den beiden sogar die Gelegenheit, in Lausanne die Wartezeit mit einem gediegenen Nachtessen zu überbrücken. Während sich meine Brüder also auf Taschensuche begaben, verköstigten wir anderen uns im Restaurant L'arrêt Bougnête. Wir liessen uns eine deftige einheimische Spezialität auftischen: eine Art Raclette mit viel Weichkäse, welcher locker weitere Mahlzeiten in den kommenden 24 Stunden überflüssig machen sollte. Um elf Uhr nachts war die Mannschaft und das Material vorerst komplett, was sogleich mit einem ersten Jass gefeiert wurde. Das Tourenziel für morgen wurde auch noch festgelegt: die Aiguilles des Chamois in den Aig. Rouges von Chamonix, welche vom nahen Col des Montets angegangen werden konnten. Die bereits angetönten Materialprobleme fanden ihre Fortsetzung am Col: zuerst stellte Jürg fest, dass seine Skistöcke fehlten. Diese konnten aber mit einer Zusatzfahrt rekuperiert werden. Als aber der erste steile Anstiegshang hinter uns lag und wir die ersten Sonnenstrahlen genossen, stellte Jürg fest, dass er auch keine Sonnenbrille dabei hatte. Das wog nun schwerer, weil erstens kein Ersatz vorhanden war und zweitens der prächtige Sonnentag im Schnee schnell und ultimativ Augenschutz erforderte. Jürg behalf sich mit einem Kopftuch, welches er vor das Gesicht hängte, worauf er natürlich sofort den Übernamen "Taliban" fasste. Der Aufstieg vom Col des Montets Richtung Chamois wird offenbar selten gemacht. Jedenfalls fanden wir keine alten Spuren vor. Nach den ersten sehr steilen 500 Höhenmetern verflachte sich das Gelände. Nun konnte auch die prächtige Sicht auf den Mont Blanc und seine berühmten Trabanten genossen werden. Minu und mir kam beim Anblick des Dent du Géant natürlich sofort unsere Kletterepisode von anno 1999 in den Sinn, wo wir in einer vermeintlichen 4+ Kletterstelle derart von der Route abrückten, dass sogar ein Gecko ins Schwitzen geraten wäre. Unsere Gruppe wurde in der Folge etwas auseinander gerissen, weil jeder für sich die kräftesparendste Variante im etwas unübersichtlichen Aufstiegsgelände suchte. Dies führte dazu, dass der vorausgehende Dani auf einen schönen Gipfel zuhielt, der eindeutig nicht mehr unserem im Tal gefassten Plan entsprach. Immerhin sah man von Weitem, dass man den höchsten Punkt mit Ski an den Füssen erreichen konnte. Erst zuoberst zückten wir die Skitourenkarte und identifizierten unseren Standpunkt als "Aiguilles Crochues", was auf deutsch "hakelige" oder "krumme Nadeln" heisst. Aussicht, Stimmung und Wetter waren aber hervorragend, weshalb Dani nur ganz milde gerügt wurde. Im Nachhinein erwies sich diese Variante sogar als die viel Lohnendere. Für die Abfahrt ins Tal musste nun ein neuer Weg gesucht werden. Über die Lücke bei der schönen Aiguille du Belvédère führte eine Skiroute mit Abfahrt durchs Bérard-Tal. Die hintere Seite der Lücke hatte es aber in sich: eine richtige und steile Dauphiné Brèche! Ich glaube nicht nur bei mir stellte sich ein mulmiges Gefühl ein, als wir uns langsam durch die Rinne runtertasteten. Insbesondere die notwendige Spitzkehre mitten im Couloir behagte ganz und gar nicht. Alle schafften dieses Hindernis schliesslich gut, was uns die viel sorglosere Weiterfahrt auf dem Bérard-Gletscher und das gleichnamige Tal ermöglichte. Die Verhältnisse waren ausgezeichnet, was sie auch den ganzen Rest der Woche über bleiben sollten. Die Devise war: oben Pulver, unten Sulz. Ein erstes Mal kehrten wir im Hôtel du Buet ein und genehmigten ein paar Bier, was dank der Nähe zur Unterkunft ohne Rücksicht auf die Autofahrer getan werden konnte. Abendessen: "The Stone Bar" in Argentière. Gut, aber nicht speziell. |
Id | 2679 |
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Datum | 27.03.2017 |
Tour | Aiguilles Crochues |
Ziel_erreicht | Ja |
Route | Col des Montets - La Rémuax - Lac Blanc - Aig. Crochues - Col du Belvédère Pt. 2780 - Glacier de Bérard - Combe de Bérard - Eau de Bérard - La Poya - Hôtel Du Buet |
Gipfel | Aiguilles Crochues 2837m |
Begleiter | Dani, Didi, Jürg, Kuno, Minu |
Gebiet | Mont Blanc Region |
Tourentyp | Skitour |
HM_rauf | 1606 |
HM_runter | 1703 |
Distanz_KM | 17.61 |
Verhaeltnisse | Zuerst knapp gefroren, dann fest. Abfahrt ganz oben pulvrig, Rest hart bis sulzig. Insgesamt gut. |
Huetten | |
Featured_Foto | tbi_2017-03-27.jpg |
Tourenideen | Aiguille des Chamois mit Abfahrt ins Bérard Tal |
Aufstiegszeit | 03:50:00 |
Abstiegszeit | 02:00:00 |
Schwierigkeit | ZS |
Wetter | schön - leicht bewölkt |
Material | Skitour normal |
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