Mit leider nur wenig Schlaf weckte uns meine Armbanduhr um 20 nach 5. Das Morgenessen auf Leutschach wurde uns bereitgestellt - wir waren offenbar die einzigen Hüttengäste, die eine grössere Tour vorhatten und zeitig aufbrechen wollten. Unsere angepeilte Abmarschzeit war 6 Uhr. Dann war es schon genügend hell und der erste sehr steile Aufstieg auf die Steinchälenfurggi noch nicht sonnig. Also mit etwas Morgenkühle und ein Mü weniger schwitzig. Nach nur punktueller Morgenkonversation und fast ebenso wenig Morgenessen waren wir schnell startklar. Der wunderbare Tag begann mit einem schönen Sonnenaufgang, aber eben auch mit dem ersten steilen Wegstück zur Furggi. Dieser Abschnitt der Tour war leicht zu finden, weil es einen blau-weiss markierten Weg als Übergang in die Kröntenhütte gibt. 

Nun wurde es aber alpin und weglos. Dank einer Spur in Eis und Schnee Richtung Einstieg zum Chli Krönten Ostgrat fanden wir den richtigen Zugang zum Grat problemlos. Die Steigeisen brauchten wir vorerst noch nicht, weil das Eis gut umgangen werden konnte. Nach einem kleinen Happen seilten wir an und stiegen in den Grat ein. Er war genussvoll, fast 100% stabil und klettertechnisch einfach. Die einen Klettermeter absolvierten wir gemeinsam vorwärtsgehend, andere kurze Seillängen sicherten wir ab. Es gab Bohrhaken und deshalb nie Zweifel, wo es lang ging. Diesen gemütlichen Teil der Tour genossen wir drei sehr. 

Die Chli Krönten erreichten wir nach gut drei Stunden ab Hütte. Das Sandwichverdrücken war also keineswegs unnötig. Übrigens waren die Temperaturen trotz Rekordhitze im Tal hier oben angenehm und eine sanfte Brise sorgte für gute Durchlüftung der Körperporen. Der Weiterweg sah von hier oben beeindruckend aus. Das Eisfeld unter dem Kröntengipfel, über welches wir bald hinaufsteigen mussten, aktivierte wegen seiner Steilheit etwas Muffensausen. Wir beruhigten Edith, dass solche Hänge von gegenüber immer steiler aussahen, als sie tatsächlich waren. Deshalb setzten wir unseren Weg fort - es ging ein paar Türme überkletternd in die Lücke zwischen Chli Krönten und Krönten runter. Das Eisfeld erwies sich dann mit Steigeisen an den Füssen und mit Eisschrauben abgesichert als tatsächlich zahm und gut bewältigbar. An dessen Ende folgt man einer grossen Windschneise und über einen eleganten Schneegrat rüber zum Normalaufstieg auf die Krönten. 

Unseren heutigen Hauptgipfel erreichten wir nach knapp fünf Stunden ab Hütte. Der beeindruckende Gipfelturm liess sich auf der Nord- und Ostseite gut überwinden, ohne dass wir das gross absichern mussten. Wir genossen das vertraute Gipfelpanorama «unserer» Urner Alpen. Der Sommerdunst verhinderte die Sicht bis zum Mittelmeer, aber es waren auch so genügend Höger bestimmbar. Nach einer extensiven Rast seilten wir kurzerhand vom Gipfelturm ab. Somit konnte mit der Abseilbremse auch noch das letzte Stück Ausrüstung, das wir mitgetragen hatten, in den Einsatz gelangen.

Für den Abstieg gab es mindestens drei Möglichkeiten: über den Saaspass oder die Südflanke nach Leutschach zurück oder via Normalweg und Kröntenhütte ins Erstfeldertal. Wir wählten Letzteres, weil das zwar ein längerer Weg war, aber eine schöne Überschreitung des Berges ergab. Das Autoholproblem gedachten wir mit dem Alpentaxi zu lösen. Aber auch so standen uns über 2000 Tiefenmeter bevor. Und das bei beträchtlicher Wärme und bereits etwas müden Beinen. Immerhin lag die Kröntenhütte auf dem Weg. Dort konnte Pause gemacht und der Durst gestillt werden. Als wir auf dem Bodenberg unsere Füsse im kühlen Bergbach endlich abkühlen konnten, begann dieser beihahe überzukochen. Aber eine ähnliche Wohltat für unsere Treterchen hatten wir selten erlebt.