So, nun war es 1. Juni geworden und um ja keinen Moment in diesem Monat zu verpassen erhoben wir uns um 2 Uhr in der Früh von unserer Liegestatt und versuchten ein Frühstück zu verinnerlichen. Geschlafen hatte ich nicht eben viel: dunkel war es erst vor vier Stunden geworden und die Gedanken an die beiden Schlüsselstellen der Tour, das Couloir du Gardien und die Mur de la Côte, führten nicht zu Tiefschlaf. Das war auch nicht unbedingt notwendig: der erste Teil des Weges konnte problemlos im Halbschlaf unter dem prachtvollen und mondlosen Sternenhimmel absolviert werden. Es war dieselbe Strecke wie gestern. Meine zu Hause vergessene Stirnlampe fiel nicht ins Gewicht. Unterhalb des Plateau du déjeuner begann es langsam zu tagen. Bei der Stelle, wo der Hang des Couloir du Gardien zu steil wurde und auf Steigeisen umgestellt werden musste, war dann ausreichend Licht vorhanden. «La glace n'est pas loin» hatte der Hüttenwart in seinem Blog geschrieben. Es bedeutete, dass zwar eine gute Trittspur das Couloir hoch vorhanden war. Aber an der einen oder anderen Stelle lugte schon das Eis hervor. Da wir aber im Gegensatz zur Tour 2016 diesen steilen Hang aufwärts begehen konnten, störte das Eis kaum. Es liess sich schnell und bequem höher steigen. Bereits um sieben Uhr waren wir am oberen Ende des Couloirs und standen noch vor acht Uhr auf dem ersten der drei Combins. Den "de Valsorey" hatte ich mit Dani schon im Sommer 2016 sehr früh erreicht und auch Wetter und Aussicht waren wie damals geprägt von Blau und Weiss. Nur noch der höchste der Combins, der "de Grafeneire", stand im Südosten vor der Nase. Von der Valsorey-Hütte kamen einige Kletterer mit Ski auf dem Rucksack die Wand hoch. Es herrschten auch dort tadellose Verhältnisse. Nur kurz verweilten wir auf dem Combin de Valsorey. Es blies immer noch eine kühle Bise. Das Weitergehen bewahrte am besten vor Auskühlung. Die schöne Spur Richtung Hauptgipfel erlaubte ein problemloses Erreichen des höchsten der Combins. Erst zuoberst mussten die Ski abgeschnallt werden. Jetzt war der Blick rundum frei und offerierte derart viele Gipfel, dass ein Aufzählen glatt bis zum Mittag gedauert hätte. Da sich weder Müdigkeit noch Musse einstellen wollten, zogen wir auch von diesem Gipfel bald ab. Schliesslich folgten uns noch etliche andere Alpinisten und wollten eine ungetrübte Sicht in die Poebene. Nun wartete die von mir etwas ersorgte Schlüsselstelle des Tages: die Mur de la Côte. Man muss relativ hoch unter der Aiguille du Croissant queren um die richtige Stelle zu finden. Anno 2016 waren Dani und ich viel zu tief geraten. Dank der vorhandenen Spuren fanden wir die Stelle problemlos und inspizierten den vereisten Hang. Minu wagte pickelbewaffnet als erster die Einfahrt. Mich lehrte sein Abrutschen und das fast ohrenbetäubende Kantenkratzen etwas das Fürchten. Ich beschloss die Ski abzuschnallen, die Steigeisen hervorzukramen und zu Fuss runterzusteigen. Das ging sehr gut, war aber natürlich mit etwas Zeitverlust verbunden. Gemeinsam strebten wir darauf dem dritten Combin, dem "Tsesette" zu. Das ist der zweitletzte Viertausender, der mir in der Schweizer Sammlung noch fehlte. Motivert war ich also genug und wollte diesen Moment auf dem Gipfel an einem windstillen Plätzchen geniessen. Armin und Didi zog es derweil Richtung «Corridor» runter. Dieser Abschnitt der Tour war der Eindrücklichste. Die stark eisschlaggefährdete Passage begeht man heutzutage nur noch in der Abfahrt. Anno 1984, anlässlich meiner ersten Besteigung des Combins, waren wir noch einigermassen sorglos hochgestiegen. Im sicheren Teil oberhalb der Eisbalkone hielten wir an, bewunderten das wilde Eisspektakel und schossen viele Fotos. Dann galt es rasch und ohne Stop durch die Gefahrenzone runterzukurven. Die Eisblöcke unter den Ski legten eindrücklich Zeugnis davon ab, wie unangenehm diese Stelle während eines Eisabbruchs sein musste. Die Morgartenkrieger im Eisabbruch liessen uns zum Glück unbehelligt passieren. Ab dem Plateau du déjeuner bis zur Hütte war die Abfahrt purer Skigenuss. Die Schneeauflage auf dem Corbassière-Gletscher war optimal cremig. Wir zogen neue Spuren in der Mitte des Gletschers - Platz war genug. Man wünschte sich einen Helikopter zurück zum Tsesette-Gipfel, um diese Fahrt nochmals geniessen zu können! Geniessen konnten wir in der Folge aber auch den Hüttennachmittag. Wie gestern waren wir punkt 12 Uhr zurück in der Cabane, bestellten eifrig Getränkedosen mit kühlem Blondem inklusive orts-typischem Crêpe au Fromage. Eine perfekt gelungene Skihochtour fand somit ihren schönen und würdigen Abschluss. |
Id | 2797 |
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Datum | 01.06.2019 |
Tour | Grand Combin Überschreitung |
Ziel_erreicht | Ja |
Route | Cabane FXB Panossière - Glacier de Corbassière - Plateau du déjeuner - Couloir du Gardien - Combin de Valsorey - Combin de Grafeneire - Mur de la Côte - Combin de Tsessette - Le Corridor - Cabane FXB Panossière |
Gipfel | Grand Combin de Grafeneire 4314m; Grand Combin de la Tsessette 4135m; Grand Combin de Valsorey 4184m |
Begleiter | Didi, Minu |
Gebiet | Walliser Alpen |
Tourentyp | Alpen 4000er; Skitour |
HM_rauf | 1871 |
HM_runter | 1871 |
Distanz_KM | 24.90 |
Verhaeltnisse | Ausgezeichnete Hochtouren- und Schneeverhältnisse. Couloir du Gardien nur leicht vereist. Mur Hartschnee / Eis |
Huetten | Cabane F.-X. Bagnoud Panossière 2645m |
Featured_Foto | tbi_2019-06-01.jpg |
Tourenideen | |
Aufstiegszeit | 07:15:00 |
Abstiegszeit | 03:00:00 |
Schwierigkeit | S |
Wetter | schön - wolkenlos |
Material | Skihochtour mit Seil, Eismaterial |
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