Der schönen Hütte und der weichen, duvetbewehrten Betten zum Trotz schlief ich alles andere als gut. Die Magensäfte glubbschten hin und her und weil ich eh schon wach herumlag, beschäftigte sich auch das Hirn intensiv mit der vorgesehenen Tour. Insbesondere der Beschrieb des Abstiegs vom Verstanclahorn eines hikr.org Autoren, welche Jürg ausgedruckt hatte, tönte alles andere als harmlos. Ob ich mir da zu viele Sorgen machte? Aufgestanden wurde natürlich trotzdem und beim feinen Morgenessen, das uns Marco bereitgestellt hatte, wurde von Minu und Jürg tüchtig zugelangt. Ich hielt mich wie immer so früh am Morgen zurück und vertraute auf meine Reserven. Kurz nach fünf ging es los, schliesslich war es schon seit einer halben Stunde genügend hell für ein Moränengestolper. Ein schöner Weg führte zum Silvrettagletscher hoch, welchen es von rechts nach links zu überqueren galt. Dank der Ausaperung konnten wir das ohne Seil tun, denn alle Spalten waren gut sicht- und umgehbar. Einmal mehr zauberte der werdende Tag traumhafte Lichtstimmungen an die umliegenden Gipfel, was unsere Fotoapparate fleissig beklickten. Der Weg bis zum Chremersattel ist eine ideale Einlaufstrecke: nicht steil und leicht zu gehen. Hinter dem Sattel müssen ca. 150 Höhenmeter wieder vernichtet werden, weil vom Silvretta- auf den Verstanclagletscher gewechselt werden muss. Kurz nach diesem Zwischenabstieg traf ich eine Entscheidung, die der unruhigen Nacht und dem nach wie vor rumorenden Bauch geschuldet war. Ich liess Jürg und Minu alleine ziehen und kehrte um. Es war hier fast der letzte Punkt der Tour, wo man dies gefahrlos und alleine tun konnte. Nachher hätte man dies gemeinsam entscheiden müssen, was logischerweise für die ganze Seilschaft den Gipfelverzicht bedeutet hätte. Ich stieg also auf den Chremersattel zurück und überlegte, was weiter zu tun sei. Den Entscheid zum Hüttenabstieg verschob ich auf einen späteren Zeitpunkt und legte mich erstmal bequem hin, in der Hoffnung, der Magen beruhige sich endlich. Später erstieg ich den gleich oberhalb des Chremersattels gelegenen Gletscherchamm, musste aber vor einer sich steil aufstellenden Nadel umdrehen, weil dessen Überwindung nicht ohne Seilsicherung zu verantworten war. Nun lag aber das ganze obere Becken des Silvrettagletschers vor mir mit all seinen angrenzenden Gipfeln. Diese schienen einfach ersteigbar und auch ein paar Spuren zeugten von Aktivität in den letzten Tagen. Heute war aber weit und breit keine Menschenseele auszumachen, was das Exklusivitätsfeeling noch steigerte (wissend darum, dass hier in der Skitourensaison einiges los ist). Nach abermaligem Zurücksteigen vom Gletscherchamm entschied ich mich für das Signalhorn und das Egghorn, welche mittels Querung des Firnfeldes und Ersteigung einer Felsbarriere gut erreichbar schienen. Am Signalhorn waren zwei etwas knifflige Stellen im Fels zu klettern, welche aber sowohl im Auf- wie im Abstieg keine Fisimatenten machten. Von beiden Hörnern war die Aussicht grandios: von den Engadiner Dolomiten über den Ortler bis zur Bernina auf der einen und über die gesamte Bündner Bergwelt auf der anderen Seite reihte sich Gipfel an Gipfel. Am nahen Piz Buin mühten sich einige Österreicher ab, welche von der Heidelbergerhütte her kamen. "Meine" Gipfelexklusivität und die Sicht genoss ich ausgiebig und machte mich erst bei aufgeweichtem Schnee - es war mittlerweile ca. 10:30 Uhr - an den Abstieg. Fast wäre dieser Schnee noch gefährlich geworden, waren doch schon einige Löcher in der Spur zu sehen, welche über die Spalten führte. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich da etwas zu sorglos war und der (viel weitere) Rückweg über Silvrettahorn, Schneeglocke und die Rote Furka sicherer gewesen wäre. Der Gletscher entliess mich jedoch unbehelligt und ich konnte nach einem Panaché in der Silvrettahütte den langen Marsch nach Monbiel unter die Sohlen nehmen. In der Hütte erfuhr ich, dass Minu und Jürg den Gipfel des Verstanclahorns erreicht hatten und sich nun irgendwo im Abstieg befanden. Weiter unten stellte ich fest, dass unsere Velos nicht mehr an der Verzweigung Vereinahaus parkiert waren, was bedeutete, dass sie der Busfahrer mit zum Vereinahaus hochgenommen hatte. Deshalb marschierte ich unter sich munter bildenden Blasen an den Füssen die Strasse bis Monbiel runter und beschloss, auf die beiden Verstancla-Bezwinger zu warten. Deren Abstieg war ja nun etwas verkürzt, weil sie im Vereinahaus auf die beiden dorthin tranportierten Velos steigen konnten. |
Id | 2693 |
---|---|
Datum | 17.07.2017 |
Tour | Signalhorn - Egghorn Silvretta |
Ziel_erreicht | Ja |
Route | Silvrettahütte - Silvrettagletscher - Chremersattel - Verstanclagletscher - Gletscherchamm - Signalhorn - Egghorn - Silvrettagletscher - Silvrettahütte - Alp Sardasca - Novai - Monbiel |
Gipfel | Egghorn 3147m; Signalhorn 3174m |
Begleiter | Jürg, Minu |
Gebiet | Bündnerland |
Tourentyp | Hochtour |
HM_rauf | 1221 |
HM_runter | 2202 |
Distanz_KM | 29.43 |
Verhaeltnisse | Für die Jahreszeit schon ziemlich ausgeapert, aber alles gut zu gehen. |
Huetten | Silvrettahütte 2341m |
Featured_Foto | tbi_2017-07-17.JPG |
Tourenideen | Überschreitung Signalhorn - Egghorn - Silvrettahorn - Schneeglocke, Verstanclahorn im Frühsommer |
Aufstiegszeit | 03:30:00 |
Abstiegszeit | 06:30:00 |
Schwierigkeit | WS |
Wetter | schön - wolkenlos |
Material | Hochtour mit Seil, Eismaterial |
Relive_URL |